Wie weiter im Tierpark Meißen?

Zum Artikel „Wem gehört der Tierpark Meißen?“ der „Sächsischen Zeitung“ vom 07.11.2020 ist anzumerken, daß unsere Vereinsmitglieder Stadtrat Ingolf Brumm und Dr. Walter Hannot am 01.11.2020 über den aktuellen Stand der Dinge informiert und wie folgt Stellung bezogen haben:

Der aktuelle Familienkompass hat erneut deutlich gemacht, wie sehr es in der Kreishauptstadt Meißen mit ihren Letztplatzierungen im kreisweiten Vergleich an Freizeitqualitäten für Familien mit Kindern fehlt. Zum gleichen Ergebnis würde eine Untersuchung der touristischen Qualitäten im Familiensegment kommen. Der Verlust unseres Tierparks würde das Bild noch weiter ins Negative rücken.

Mit Blick auf die Kinder dieser Stadt ist uns der Erhalt  des Tierparks ein wichtiges Anliegen, für das ggf. auch privates Engagement aller Facetten aufgebracht würde. Aus aktuellem Anlass informieren wir heute zum Stand. 

1. Am 11. Dezember 2019 hat sich der Stadtrat einmütig für den Erhalt des Tierparks ausgesprochen. Die Verwaltung hat dann mit Unterstützung ein Konzept erarbeitet, das vom Ist-Zustand ausgehend den Anspruch an einen modernen bildungsorientierten Tierpark mit zeitgemäßer Tierhaltung formuliert. Darin wie in den Diskussionen kommt klar zum Ausdruck, daß dies nur aus einer nahtlosen Weiterentwicklung der heutigen Situation erfolgen kann. Ein kompletter Neustart wäre weder organisatorisch noch finanziell und wahrscheinlich auch juristisch nicht zu bewerkstelligen. 

2. Am 23. Juni 2020, mehr als 6 Monate später, fand erstmalig ein offizielles Gespräch von Bürgermeister Renner und einigen Stadträten mit dem Betreiber Herrn Drechsler statt. Bei diesem Treffen 

hat a) Stadtrat Köhler im Sinne aller Anwesenden erklärt, daß eine Fortsetzung des Tierparks ohne Herrn Drechsler nicht praktikabel sei,

wurde b) eine gemeinnützige Betreibergesellschaft als Träger favorisiert,

und haben c) wir angeboten, sollte die eigentlich als gemeinnütziger Träger favorisierte städtische Gesellschaft SOPRO dazu nicht geeignet sein, selbst eine gemeinnützige GmbH zu gründen. Voraussetzung ist eine jährliche Bezuschussung (Personalkosten) des Tierparks mit 100.000 €.

3. Der Stadtrat hatte in der Sitzung vom 30. September 2020 dann folgenden Beschlussvorschlag zu behandeln:

„Beschlussvorschlag: Der Stadtrat der Großen Kreisstadt Meißen nimmt den Abschlussbericht der AG Tierpark zur Kenntnis. Entsprechend der Empfehlungen der AG wird in den Haushaltsentwurf 2021 ein Zuschuss in Höhe von 100.000 Euro eingestellt“.

Hinsichtlich der zeitlichen Perspektiven (5 Jahre Pachtvertrag) wie der erklärten finanziellen Verpflichtung (2021) ist dieser Beschluss in der vorliegenden Form allerdings nicht ausreichend, um die Gemeinnützigkeit des ggf. zu gründenden Vereins zu erreichen. Hier ist Bedarf an Nacharbeit am Beschluss, sinnvollerweise unter Hinzuziehung von Sachverstand in Fragen von Steuerrecht / Gemeinnützigkeit.

4. Im Juni diesen Jahres bestand ein grundsätzliches Einvernehmen mit Herrn Drechsler wie mit seinem Sohn, ebenfalls Tierpfleger mit Abschluss und in Meißen wohnend, das Projekt gemeinsam mit Entwicklungsperspektiven die nächsten Jahre voran zu bringen. Herr Drechsler wie auch wir haben danach mehrfach mündlich wie schriftlich darauf hin gewiesen, daß es dazu für Familie Drechsler aber bis Ende August diesen Jahres! einer grundsätzlichen Planbarkeit bedarf. Dieses verständliche Anliegen wurde ignoriert. Herr Drechsler Junior erwartet zum zweiten Mal Familienzuwachs, hat sich inzwischen beruflich anderweitig gebunden. Absolut verständlich, wenn man bedenkt, daß wir ihm nach heutigem Entwicklungsstand frühestens Mitte bis Ende 2021 Verbindliches sagen können.

5. Herr Renner hat Herrn Drechsler mitgeteilt, daß bis 6. Dezember 2020 ein Interessenbekundungsverfahren im Amtsblatt ausgeschrieben ist. Wenn diese Ausschreibung 

https://www.stadt-meissen.de/interessenbekundung_tierpark.html

ernst gemeint ist, ist das Amtsblatt sicherlich das falsche Medium. Denn für den Betrieb eines Tierparks bedarf es entsprechender Qualifikationen, die es im sehr begrenzten Kreis der Leser des Meißener Amtsblattes sicherlich „nicht häufig“ gibt. 

Das in der Ausschreibung angekündigte Konzept ist unter
https://www.stadt-meissen.de/tierpark-siebeneichen.html

hinterlegt. Es handelt sich dabei um den Abschlussbericht der AG Tierpark Meißen vom 08. September 2020.

Aus Sicht von Herrn Drechsler hat dieses Bekundungsverfahren den juristischen „Schönheitsfehler“, daß die Stadt die Betreibung des „Tierpark Meißen“ anbietet. „Tierpark Meißen Siebeneichen“ heißt aber das Unternehmen, das Herrn Drechsler gehört. Und mit ihm hat vor der Ausschreibung niemand seitens der Verwaltung dahingehend gesprochen, ob er dieses Unternehmen an einen Dritten abgeben würde. Zum Hintergrund: Herr Drechsler hat vor 18 Jahren von der Stadt ein Grundstück mit Schutthaufen übernommen, nicht eingezäunt, keine Wege, zerstörte Hütten und ohne Tierbestand.

„Irgendwas mit Tieren“ zu machen bedarf nach heutiger gesetzlicher Lage keiner dokumentierten Qualifikationen. Bei einem Tierpark ist das anders geregelt. Für ihn gelten die gleichen EU-weiten Bestimmungen wie für einen Zoo beispielsweise hinsichtlich Qualifikation und Berufserfahrung der Leitung. 

6. Am 28. Oktober 2020 hat ein erstes Gespräch über die im Vertrag geregelten Abfindungszahlungen bei Abgabe des leeren Tierparkgeländes zwischen Stadtverwaltung und Herrn Drechsler stattgefunden. Das Interessenbekundungsverfahren soll im Januar ausgewertet werden, danach sollen Gespräche und schließlich konkrete Verhandlungen mit dem „auserkorenen“ Betreiber geführt werden. Man geht davon aus, daß die anschließend zu gründende Gemeinnützige GmbH spätestens zum 01. Januar 2022 handlungsfähig ist, also „kaum zwei Jahre später“.

7. Fazit: Einige der für diesen Prozess Verantwortlichen gehen immer noch davon aus, daß Familie Drechsler dankbar sein müsse, wenn sie mal irgendwann eine Unterstützung für den Tierpark erhielte. Sie nehmen damit allerdings bewußt in Kauf (oder wollen dies gar ganz subtil erreichen), daß Herr Drechsler irgendwann feststellt, daß ihm das alles einfach zu doof ist – und den Tierpark schließt. Dann ist der Tierpark in Meißen Geschichte! Daß es umgekehrt in dieser Stadt auch ganz anders geht, wenn entsprechende Interessen dahinter stehen, bemängeln wir im Stadtrat schon seit Jahren: Wenn Oberbürgermeister Raschke will und die Interessen entsprechende sind, können Ergebnisse ohne Rücksicht auf Form und Fristen auch innerhalb weniger Tage hergestellt werden.

8. Wir werden in dem Interessenbekundungsverfahren erneut unsere Bereitschaft erklären, falls die SOPRO den Part nicht übernimmt, eine Gemeinnützige GmbH als Träger zu gründen, die dann in Abstimmung mit Herrn Drechsler das Ganze übernimmt. Für andere Wege ohne Familie Drechsler stehen wir nicht zur Verfügung.

Ingolf Brumm

Dr. Walter Hannot

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