Die Stadträte bestätigen das neue Kleingartenentwicklungs-Konzept und die Umwandlung des Kleingartenvereins „Paul Hinzer“ in eine Dauerkleingartenanlage und bewahren sie vor einer Bebauung mit Ein- und Mehrfamilienhäusern.
Die Sächsische Zeitung berichtete in seiner Ausgabe vom 06. November 2021 wie folgt:
Meißens grüner Standortvorteil
Die Stadträte haben ein Kleingarten-Konzept beschlossen – auch, um die 51 Sparten in der Stadt vor Begehrlichkeiten und Spekulation zu schützen.
Von Harald Daßler
Jetzt ist es festgeschrieben: Die Sparte „Paul Hinzer“ ist dauerhaft unter Schutz gestellt. Das städtische Flurstück 1295/10, das 9,5 Hektar zwischen Nossener und Schreberstraße umfasst, ist für die Nutzung als Kleingarten ausgewiesen. So haben es die Stadträte am Mittwochabend einstimmig beschlossen. Damit ist ein Streit beigelegt, der vor zwei Jahren entbrannt war. In Meißen hatten Gerüchte die Runde gemacht, wonach das Areal als Bauland ausgewiesen werden könnte.
Die Initiative „Bürger für Meißen – Meißen kann mehr“, die damals noch nicht im Stadtrat vertreten war, hatte sich seinerzeit dafür stark gemacht, möglichen Begehrlichkeiten, die solche Gerüchte entstehen lassen, einen Riegel vorzuschieben. Mitglieder und Mitstreiter hatten ihren Einfluss auf verschiedenen Ebenen geltend gemacht und genutzt. Im Dezember 2019 hatten die seinerzeit amtierenden Stadträte mehrheitlich beschlossen, ein Instrumentarium zu finden, um die Kleingartenanlagen im Stadtgebiet vor Bebauung zu schützen. Zugleich wurde das Rathaus beauftragt, die Situation der Kleingärten zu analysieren und ein Entwicklungskonzept zu erarbeiten.
Für die 34 Parzellen der Sparte „Paul Hinzer“ wird der Schutz vor Bebauung jetzt durch einen Bebauungsplan erreicht. Was auf den ersten Blick grotesk erscheint, stellt der Beschlusstext klar: Der Stadtrat der Großen Kreisstadt Meißen beschließt für das Plangebiet „Paul Hinzer“ einen Bebauungsplan „mit dem Ziel der Festsetzung als Dauerkleingarten“.
In einem weiteren Beschluss verhängten die Stadträte eine sogenannte Veränderungssperre über das Plangebiet. Damit sind die bestehenden Kleingartenanlagen „wirksam und dauerhaft vor Bebauung zu schützen“, wie es in der Begründung dieses ebenfalls einstimmig gefassten Beschlusses heißt. Damit können die von den Kleingärtnern genutzten Flächen nicht – ohne einen Beschluss des Stadtrates – in Bauland umgewandelt und zu Spekulationsobjekten werden. Bauarbeiten an den Gartenlauben bleiben aber möglich, wie die Leiterin des Bauverwaltungsamtes Inga Skambraks auf SZ-Nachfrage klarstellt.
Vor der Beschlussfassung über den Bebauungsplan hatte Ute Czeschka von der gemeinsamen Fraktion der Bürger für Meißen und SPD um namentliche Abstimmung gebeten, woraufhin Oberbürgermeister Olaf Raschke (parteilos) eine Probeabstimmung vorschlug. Dabei votierten alle 22 anwesenden Räte für den Entwurf. Die eigentliche Abstimmung war dann Formsache.
Keine der Parzellen in der Sparte „Paul Hinzer“ steht leer. Damit gehört sie zu den Kleingartenanlagen in der Stadt, die als „zukunftssicher“ eingestuft sind. So steht es im Kleingarten-Entwicklungskonzept, das die Stadträte zuvor beschlossen hatten. Das von Bianca Schöne aus dem Bauverwaltungsamt vorgelegte Papier ist das Ergebnis umfassender Untersuchungen und Befragungen, wozu die Stadtverwaltung durch den vor zwei Jahren gefassten Stadtratsbeschluss aufgefordert worden war.
An einem Runden Tisch hatten Stadträte, Vertreter von Gartenvereinen, sachkundige Bürger und der Kreisverband der Gartenfreunde e. V. dazu mehrfach getagt. Hier war ein Fragebogen an alle 51 Kleingartenvereine der Stadt entwickelt worden. Aus dem Rücklauf der 46 Vereine, die sich an der Befragung beteiligten, entstand eine umfassende Übersicht zur Situation der Gartensparten in der Stadt.
Datenblätter für jede der Meißner Sparten enthalten detaillierte Kennzahlen – unter anderem zu Größe, Parzellenzahl, Leerstand, Altersstruktur der Pächter. Die am Runden Tisch vergebenen Bewertungspunkte und deren Summe ergaben die Zuordnung in eine von drei Kategorien, erläuterte Bianca Schöne die Methodik. Als zukunftssichere Anlage in die Kategorie A wurden demnach 26 der Meißner Kleingartenvereine eingeordnet. Die 18 in die Kategorie B eingestuften Anlagen sollten unter Beobachtung gestellt und Unterstützung erhalten. Lediglich sechs Kleingartenanlagen fallen in die Kategorie C, für die gegebenenfalls über eine Umnutzung oder Neustrukturierung nachgedacht werden sollte.
Diese Option käme in Betracht, wenn zu viele Parzellen innerhalb einer Sparte nicht genutzt werden. Durch Bündelung des Leerstands innerhalb und außerhalb der Kleingartenanlagen lassen sich Flächen schaffen, für die eine neue Nutzung möglich ist. Hier könnten Freizeitgelände oder ein Schulgarten angelegt werden, nennt Stadträtin Ute Czeschka einige Beispiele. Das Grün- Angebot in der Stadt sollte aber den Vorzug vor weiterer Versiegelung erhalten. Wie aus den Datenblättern zu den einzelnen Sparten hervorgeht, ist der Leerstand in den Sparten „Stadtblick“ und „Jutespinnerei“ im Triebischtal mit 44 und 38,5 Prozent, der sich auf insgesamt 3,2 Hektar summiert, besonders hoch. Gemeinsam mit den Vereinsvorständen sollte geschaut werden, wie sich diese Situation verändern lässt.
Das vorliegende und nun beschlossene Konzept zeige deutlich, dass die Kleingärten ein Standortvorteil für Meißen sind, ist die Stadträtin überzeugt. Die Untersuchungen hätten auch ergeben, dass viele junge Familien in Meißen Kleingärten bewirtschaften und nutzen. Das falle mit ins Gewicht bei der Entscheidung, sich in Meißen anzusiedeln. Durch „offensive Öffentlichkeitsarbeit“ sollen freie und leerstehende Parzellen schneller verpachtet werden. Dazu sollte auch der Internetauftritt der Stadt genutzt werden.