Der Aufbruch von Stadträten und sachkundigen Bürgern der Fraktion „Bürger für Meißen/SPD“ nach Litoměřice, war eine gute Entscheidung. Seit 1996 verbindet die Städte Litoměřice am südlichen Rand des Böhmischen Mittelgebirges, dort wo die Eger in die Elbe fließt und Meißen eine Partnerschaft. Die deutsch-böhmische Geschichte der Königsstadt, der Weinbau, die Baukultur, der Tourismus, die reizvolle, landwirtschaftlich geprägte Umgebung und auch der Blick nach Osten – das alles waren Gründe für die damalige Entscheidung einander näher zu rücken. Zu schauen, wie sich die über politische Gremien und Vereine getragene Verbindung entwickelt hat, vielleicht noch ausbauen lässt, war der Grund der zweitägigen Reise.
Die Stadt Litoměřice hat ihre kulturelle Ausstrahlung in den letzten Jahren deutlich verbessert. Von tschechischer Seite hat Bürgermeister Ladislav Chlupáč und seine Stadtverwaltung viel dazu beigetragen. Einfach nur staunen kann man, was die Stadt, mit ihren 23.000 Einwohnern, ohne nennenswerte Wirtschafts-Ansiedelungen, aus sich gemacht hat.
Eine rundum gepflegte Innenstadt erwartete uns
… mit sehr vielen, gut restaurierten Denkmalobjekten. Überall schaute die mittelalterliche Stadtmauer mit ihren schönen Bastionen in die Straßenzüge und Plätze hinein. Teile des ehemaligen Zwingers, die noch vor Jahren Industriebrachen waren, sind heute zu ansehenswerten Parkanlagen geworden. An eine grenzt das „Dum Kultury“ – die in den 1990er Jahren errichtete Stadthalle – an. Ein moderner Bau, der sich gut mit dem in die Nutzung einbezogenen, alten städtischen Kornhaus verträgt. In der Stadthalle finden neben allmöglichen Kongressen und öffentlichen Großveranstaltungen ganzjährig Tanzfestivals, Jahrgangsfeste der Schulen und Tanzschul-Abschlussbälle statt. Nicht weit entfernt davon, in der historischen Altstadt, konnte ein kleines Theater mit 300 Plätzen erhalten werden, welches an den Juristen und Musiker Václav Jindřich Veit erinnert.
Quasi in der Unterwelt gibt es ein 23 km langes Netz miteinander verbundener Keller über mehrere Etagen. Teile davon sind bei Stadtführungen begehbar. Dabei arbeitet die Touristinformation mit den örtlichen Gastronomen gut zusammen, so dass auch Begehungen am späten Abend möglich sind.
Gäste fühlen sich in der Stadt willkommen. Ob per PKW, Zug, Bus oder Rad kommend – es gibt ausreichend Parkplätze und kurze Wege in die Innenstadt. Am modernisierten Busplatz wurde aus Stahl und Glas ein Turm für abzustellende Fahrräder errichtet. Wenn man es richtig macht, kann also auch das funktionieren.
Doch nicht nur baulich lieferte die Stadt Bemerkenswertes, auch menschlich! Und so wurde unsere kleine Gruppe im Rathaus empfangen. Der bei den Kommunalwahlen Ende September wieder gewählter Ratsherr Hrbek hieß uns zusammen mit Frau Katherina Vomáčková willkommen, der Chefin des Städtepartnerschaftsvereins. Ein Gläschen Wein erinnerte an die gemeinsame Weinbautradition. Herr Hrbek vertrat Herrn Chlupač, der leider nur noch wenige Tage im Amt sein wird.
Zur Zeit unserer Ankunft eröffnete dieser gerade eine Ausstellung von alten Postkarten aus dem 19. und frühen 20. Jahrhunderten im gotischen Zwillingshaus. Diese Eröffnung war Teil der deutsch-tschechischen Kulturtage und rasch fanden sich alle Beteiligten in der Absicht, ihn dort als Überraschungsgäste einen lieben Gruß aus Meißen zu überbringen. Dabei blieb es nicht, es wurden gemeinsame Erinnerungen ausgetauscht und neue Projektideen geschmiedet. Bürgermeister Chlupáč konnte den Moment der spontanen Begegnung/ Wiederbegegnung nicht ganz so locker genießen. Da schwang etwas Wehmut mit. Völlig verständlich angesichts seiner knappen Wahlniederlage.
Umso mehr an dieser Stelle unsere Hochachtung für all das, was von ihm kommunalpolitisch geleistet wurde. Herzlicher Dank für 18 Jahre aktiver Mitgestaltung der Partnerschaftskontakte zwischen Litoměřice und Meißen.
Die Fraktion „Bürger für Meißen/SPD“ sieht nach dem Besuch in Böhmen guten Grund, auch den anderen Städtepartnern verstärkte Aufmerksamkeit zuzuwenden. Das Wertschätzen der von dort kommenden kulturellen Impulse könnte jener Spannung entgegen wirken, die sich gerade heute wieder allenthalben zwischen den Völkern aufbaut. Sie lässt auch konkret erkennen, was möglich ist, wenn Finanzmittel überlegt und nachhaltig eingesetzt werden.
Helge Landmann
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