Von Helge Landmann
Es gibt in Deutschland sehr viele Bocksberge. Selbst das flüchtige Googlen im Netz führt uns zu über 15 solcher „geographischer“ Objekte. Viele davon werden mit vorchristlichen Kultplätzen in Verbindung gebracht. Auch die Schreibweise differiert und so stehen Bocksberg und Blocksberg häufig nebeneinander, letzterer uns durch den Hexentanzplatz auf dem Brocken sehr geläufig.
Der Bocksberg bei Proschwitz als bedeutende Erhebung vis a ́ vis der Meißner Albrechtsburg hat ebenfalls eine nicht unbedeutende vorchristliche Geschichte. An seiner südlichen Hangkante hat nicht zuletzt die Luftbildarchäologie eine alte Wall- bzw. Burganlage ausgemacht. Interessanterweise nimmt die christliche Kirche diesen Platz im späten Mittelalter mit der sogenannten „Bennokanzel“ in ihren liturgischen Beschlag. Benno (1066-1106), als einziger heiliggesprochener Meißner Bischof, soll von dort aus gepredigt haben. Seine Schritte führten ihn – wie auf einem Kreuzweg – vom Burgberg elbabwärts zum Kloster „Heilig Kreuz“ von dort, die Elbefurt trockenen Fußes nehmend, über den Knorregrund hinauf zum Bocksberg und von dort über den Heiligen Grund zu einem kleinen Teich (der noch heute seinen Namen trägt). Hier soll der fromme Mann mit seinem Bischofsstabe einst Wasser aus dem Felsen geschlagen haben. Ursinus, der bedeutende Lokalhistoriker des 18. Jahrhunderts meint, davon seien die ungläubigen Sorben so beeindruckt gewesen, dass sie sich desto „williger bekehret … und in großen Mengen bey diesem Brunnen getaufet worden, daher man seit der Zeit diesen Brunnen als einen Wunderborn verehret“ habe. Ein alter romanischer Taufstein aus rotem Porphyr, von dem man nicht weiß wann und woher er gekommen ist, hat den Ort vor Zeiten die ihm gebührende Aura gegeben. Dietrich Carl von Carlowitz – auf dessen Proschwitz Flur der Stein gefunden wurde – holte ihn nach 1880 in seinen Herrschaftgarten und gab ihn dort einen Ehrenplatz. Es mag offen bleiben, ob er damit die Meißner vor Aberglauben schützen wollte oder dem eigenen Anwesen ein wenig vom Hauch der Ewigkeit zu geben suchte. Es ist dem verdienstvollen Denkmalpfleger Hans Jürgen Pohl zu danken, dass Fragmente des Taufbeckens in den 1960er Jahren geborgen und dasselbe später aus einem Stein rekonstruktiert werden konnte. Heute ist das eindrucksvolle Objekt im Meißner Dom zu bewundern.
Benno soll nach der Legende auch den Weinbau im Elbtal heimisch gemacht haben. Ja, und die Proschwitzer Lage ist wohl eine der wohlklingendsten unter den Weinbaulagen alter und neuer Zeit. Zurecht hat man diese deshalb auch im Landschaftsschutzgebiet aufgenommen, welches sich über den Bocksberg zieht und lediglich die Ortsflur als sogenannten Innenbereich der Flächennutzungsplanung auslässt. Wie Fröhlich und Petersen akribisch recherchierten (1), ist Proschwitz neben seinen sagenhaften Anfängen schon im 13. Jahrhundert eine ritterliche Besitzung gewesen. Um 1350 bestätigt eine Urkunde im Lehnbuch Friedrichs des Strengen den Brüdern Heinrich und Johannes von Taubenheim Einkünfte von fünf Hufen Land in Proschwitz, drei Hufen besaßen sie als Eigengut. Damals und noch etliche Zeit danach hatte der Ritterssitz einigen Einfluss in der näheren Umgebung und im Großenhainer Land. 1385 nahmen die Taubenheimer „ein Kapital von einem Schock Groschen Freiberger Münze gegen jährliche Zinszahlung bei den Klerikern der Domkirche auf, eine Grund- schuld, die bei dem Proschwitzer Dreihufengut noch dreihundert Jahre später zu Buche stand.“ Im 15. Jahrhundert ging die Besitzung an die Familie von Miltitz über. Heinrich von Miltitz – einer der engsten und einflussreichsten Räte der Kurfürsten und Herzöge Ernst und Albrecht – hatte damit allerdings nichts anderes im Sinne, als dasselbe dem Domkapitel als Tauschobjekt für eine andere Ortschaft anzubieten, mit welcher er seine Herrschaft bei Taubenheim abzurunden trachtete. Mithin war Proschwitz ein Bauerndorf, welches Zins und Abgaben an das Hochstift zu entrichten hatte und speziell an das zu diesem gehörige Laurentius-Hospital. Über zweihundert Jahre sollte das so bleiben.
Die uns an dieser Stelle stärker befassende Geschichte beginnt im 16. Jahrhundert, als sich nach der Reformation aus den kleinen Bauernwirtschaften ein „Güthlein“ heraus zu kristallisieren beginnt, das verschiedenen Amtsschössern und Hofräten als Wohn- oder Nebenwohnsitz diente, unter diesen so klangvolle latinisierte Namen wie Brictius Kölbing, Samuel Hundius oder dann später wieder etwas einfacher Peter Werdermann (1615-1674), nach dem, als ehrwürdiger Patron der Zscheilaer Dorfkirche, noch heute eine Straße benannt ist. Der Weg dorthin führte aber erst einmal durch Niederungen schmutziger Intrigen, zweifelhafter Geschäfte und fauler Finanzierungen, wie man berichtet. (2)
Ab 1547 hat der Bocksberg auch nachweislich die seine Fluren zierende Windmühle, die von Generation zu Generation durch Stürme, Brände und anderes Ungemach immer wieder ihre Form und Ausstattung veränderte. Die letzte Bockwindmühle entstand um 1906 und wurde durch Infanteriegeschosse zum Ende des 2. Weltkrieges zerstört. Ein gleiches Schicksal erlitt ein zu Beginn des 18. Jahrhunderts erbautes Winzerhaus am Fuße der Katzenstufen.
Ab 1693 steht das bescheidene „Güthlein“ derer zu Proschwitz als Rittergut, „dessen Besitzern die Erb- und Gerichtsbarkeit im Dorf und seiner Gemarkung zustand und die sich, durch kurfürstliche Urkunde legitimiert, ,erbgesessen zu Proschwitz‘ nennen konnten.“ (3) Ein Ober-Consistorial- und Ober-Rechnungsrat Dr. Jacob Friedrich Schilling (1660-1742) war es, der nach einem Brandfall 1701 die Ortslage günstig erwarb. Es ist ein Genuss den dazugehörigen Kaufvertrag von 1704 zu lesen, in dem alle die Einzelheiten getreulich aufgeführt sind, die da veräußert werden. Es geht dabei um Getreide-, Hühner-, Eyer- und andere Zinsen. Mitveräußert werden aber auch „alle darinnen geseßenen und dahin gehörigen Unterthanen …“ nebst „specificierten Frohnen, Diensten, … alle anderen Nutzungen“. (4) Das ist die gesellschaftliche Grundlage auf der privater Mehrwert entsteht. Unter Schilling wird der bis dahin noch bescheidene Besitz so auch bedeutend erweitert. Er kauft 1710 unter anderem den 4 ha großen kurfürstlichen Weinberg am Heiligen Grund. Das Rittergut verfügte seither über mehr als drei Viertel der Proschwitzer Flur, die schließlich an die 150 ha ausgemacht hat. Den bescheidenen Rest bearbeiteten kleinere Bauern und Gärtner. Dabei hat in der Ökonomie Schillings der Weinbau nie im Zentrum gestanden. Ganze 5 ha, d.h. 2% der landwirtschaftlich genutzten Fläche, waren mit Wein bestellt. Er hat stattdessen dafür gesorgt, dass sich durch den Bau eines repräsentativen Herrenhauses die Bedeutung des Anwesens als solche erhöht. Mindestens der Haupttrakt des Hauses dürfte fertig gestellt gewesen sein, als das Gut wieder veräußert wird. 1732 ist es in einer Urkunde erwähnt. Erst damit beginnt zweifellos auch die Ära, die Schritt um Schritt aus einem Bauernhof bzw. kleinen Landsitz von bei Hofe agierenden Verwaltungsangestellten einen Adelssitz werden lässt. Dieser ist zunächst mit Personen, wie der Frau Groß-Cantzlerin Excellenz Reichsgräfin von Beichlin, der Wittwe des früheren Günstlings und Groß-Kanzlers Augusts des Starken, der 1703 in Ungnade gefallen war, verbunden. Solche macht die Anlage zum Witwensitz und baut einen barocken Wohnflügel im Winkel an das bestehende Herrenhaus an. Als Gräfin von Beichlingen 1759 verstirbt, hinterlässt sie ihren als von Gersdorff geborenen Enkelkindern eine florierende Wirtschaft, die sie freilich erst nach dem Siebenjährigen Krieg antreten konnten. Bis dahin waren ohne Zweifel Verluste eingetreten. Die junge Friederike Henriette löst den Haushalt der Großmutter dennoch günstig auf und verkauft 1764 Gut, Herrenhaus und Herrschaft mitsamt Windmühle, Schäferei und Bethstübgen in der Zscheilaer Kirche für 29.000 Gulden an den königlich-dänischen General-Lieutnant Ernst Leberecht von Arnstedt (1706-1791), der es bis zu seinem Tode mit Hilfe seine Schwagers zu erhalten vermag. Dieser hatte damals als greiser Mann schon einen Kunst- und Lustgärtner in Anstellung. Ihm verdanken wir wohl auch die Errichtung des Dienerhauses im Stile der italienischen Renaissance.
Der Sprung in die Adelswelt war damit genommen. Mit dem Verkauf an den kursächsischen Kammerherrn und späteren Hausmarschall, Carl Friedrich von Berlepsch (1753-1802) traten nun auch die unmittelbaren Vorfahren Georg Prinz zur Lippes in Erscheinung. Dabei vererbten in der Regel die weiblichen Hinterbliebenen den Besitz, so dass sich die Namen von Berlepsch über von Carlowitz bis zur Lippe wandeln. Es wurde in dieser über zwei Jahrhunderte währenden Zeitspanne „genutzt, gepflegt und fortgebaut“. Mit den Berlepschs wurde Proschwitz über zwei Generationen aber auch zum ersten Male Lebensraum der ganzen Familie. Friedrich von Berlepsch, der Sohn des Hausmarschalls, der die Gutsverwaltung führte, brachte es zu einer bedeutenden Erweiterung des Weinbaus, des Obstbaus und der Schafzucht. Vater und Sohn „haben viel getan für die Attraktivität des Umfeldes auf dem Proschwitzer Berge. Sie knüpften bei dem an, was sie auf dem südlich des Dorfes bis zum Steilabfall sich erstreckenden Bocksberg von den Vorgängern her vorfanden: eine weite, landwirtschaftlich genutzte Hochfläche, von gebahnten Wegen und Alleen durchzogen, die sich am höchsten Punkt bei der Windmühle kreuzten“ (5). Carl Friedlich von Berlepsch „begann in diesem Gelände mit der landschaftsgärtnerischen Gestaltung. Am Steilhang führten in einer schmalen Schlucht zwischen den Weinbergen die Stufen des ,Steinsteg oder Katzensprung‘ zur Elbaue hinab. Der Hausmarschall ließ 1799 diese vermutlich schon von der Gräfin Beichlingen als kürzeste fußläufige Verbindung nach Meißen angelegten ,Katzenstufen‘ in eine bequemer begehbare Treppenflucht mit einem Ruheplatz auf halbem Wege verwandeln und erschloss damit dem Meißner Publikum eines der meist gerühmten und bis heute beliebten Ausflugsziele. Wer die gut 200 Stufen überwunden hatte, den empfingen Ruhebänke unter Lindenbäumen, eine blühende Kirschallee führte ihn auf die Höhe mit der Windmühle, und wandte es sich nach links auf den 1813 zum letzten Mal unfriedlich genutzten, nun aber befriedeten ,Kanonenweg‘, so konnte er sich der schönsten und genussreichsten Aussicht über das Elbland hingeben, in dem mancher Zeitgenosse das sächsische Italien gefunden zu haben meinte“ (6).
Das aus England kommende Konzept „ornamented farm“, welches zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Deutschland unter dem Begriff „Landverschönerung“ diskutiert und umgesetzt wurde, sah seinen Sinn darin „das Schöne mit dem Nützlichen zu verbinden, die land- und forstwirtschaftlichen Belange mit den ästhetischen Vorstellungen zu versöhnen und im Ergebnis auch die sozialen Bedürfnisse des Publikums nach Erholung und Lustbarkeit zu befriedigen.“ (7) Insbesondere dort begann dasselbe zu greifen, wo sich die gutsherrlichen Ansprüche noch nicht zu weit über die Ansprüche des Dorfes erhoben hatten. Das Gut in Proschwitz „hatte in seiner geschützten Lage inmitten des Dörfchens spektakuläre Ansichten nicht zu bieten. Es war ursprünglich eben nicht der Herrensitz über dem erbuntertänigen Dorf, sondern es hat sich aus einem untertänigen Erbzinsgut in ein Rittergut verwandelt.“ (8) Erst die Beseitigung von älteren Bauerngehöften und Zweckbauten der eigenen Nutzung erlaubten es mit langem Atem „einen offenen Landschaftsgarten im englischen Stil anzulegen, der zwanglos in die Nutzfläche des Bocksberges und in den Waldsaum des Knorregrundes überzugehen schien.“ (9) Das zog auch den Wunsch nach einer gefälligeren Hofgestaltung nach sich. Eine Lithographie aus Poenickes Album von 1856 gibt uns eine Vorstellung davon.
Über den Kammerherrn Georg Heinrich von Carlowitz (1773-1847), der Schwager des kinderlos verstorbenen Friedrich von Berlepsch war, kommt Proschwitz schließlich an dessen Enkel Dietrich Carl Carlowitz. Georg Prinz zur Lippe ist Urenkel des Letzteren. Als Spross einer in sächsischen Staatsdiensten angesehene Familie veranlasst Carlowitz nach einem Brand von 1868 die Neugestaltung des Herrenhauses in spätbarocker Manier. Seine Tochter Johanna Friedericke („Frieda“, 1878-1942) war es schließlich, die vor ihrer Hochzeit mit dem sächsischen Regierungsrat Graf Clemens zur Lippe-Weißenfeld (1860-1920) um 1900 zur Freifrau erhoben wurde. Ihr Mann stand ab 1904 als gewählter Landesältester an der Spitze der landständigen Vertretung des ehemaligen Markgrafentums Oberlausitz, die gewisse verfassungsmäßige Rechte des Adels der Region wahrzunehmen hatte. Diese unterhielt darüber hinaus eine der wichtigsten Bodenkreditanstalten im Königreich Sachsen. Für sich und seine Nachkommen übernahm er 1916 die lippische Prinzenwürde. Mithin wurden er und seine Familie zu Beginn des 1. Weltkrieges legitime Vertreter des deutschen Hochadels. Zuvor vollbracht er, was in der Meißner Geschichtsschreibung noch gar nicht ausreichend Erwähnung fand: den Umbau des Herrenhauses zu einem vornehmen Landschloss. Nachdem der vermeintlich erste Schlossbau Deutschlands mit der Albrechtsburg in Meißen vonstatten ging, kam so auch der vermeintlich letzten Schloßbau unseres Landes in Meißen (Proschwitz) zum Abschluss. Das Star-Architektenduo Lossow & Kühne aus Dresden (mit Bauten wie Leipziger Hauptbahnhof und Dresdner Schauspielhaus) übernahm den Aus- und Umbau, welcher durch kleine aber feine bauliche Ergänzungen das Anwesen von 1910-1914 zum echten Kunstwerk, eben zu einer Schlossanlage erhob. Die Maxime des Architekten Max Hans Kühne wurde durch das Ergebnis aufs Schönste bestätigt. „Die oberste Tugend des Architekten muss Takt sein, Takt in Bezug auf die Anpassung an die Nachbarschaft, Takt in Bezug auf die Einfügung in die Sinnesart des Bauherrn“. (10)
Adel, Kirche und Staat verbindet seit Jahrhunderten der weite Bogen ähnlicher Interessenlagen und Beziehungen. Strategien waren/sind selten kurzfristig angelegt. So nimmt es nicht Wunder, dass auch die 40jährige DDR-Geschichte in Proschwitz mit einem Rückkauf der Liegenschaften durch die alten Schlossbesitzer endete. Der letzte Betreiber der Schlossanlage, Medizinalrat Dr. Hinrich Jürgen Petersen, der den Kontakt zu den Lippes ab 1979 aus denkmalpflegerischen Gründen gesucht hatte, musste stattdessen 1992 weichen. Er hatte mit großem Eifer aus dem Objekt ein Kreis-Rehabilitationszentrum für geistig behinderte Kinder, Jugendliche und Erwachsene gemacht, konnte dasselbe mit Unterstützung von Eltern und anderen Helfern auch beispielhaft herrichten. Dabei war er völlig neue Wege im Gesundheitswesen der DDR gegangen, indem er medizinische Behandlung, soziale Betreuung und schulische Ausbildung in einem eigenen, integrierten Modell zusammenführte. Das übernommene bundesdeutsche Gesundheits- bzw. Bildungswesen sah eine solche beiderseits förderliche Verbindung aber nicht vor. So zerfiel die Einrichtung in die Behindertenwerkstatt der DRK und die Lernförderschule des Landkreises Meißen.
In das mit der Abwicklung verbundene Vakuum hinein, geriet die Initiative der Bundesagentur für Arbeit, in Meißen eine Verwaltungsschule für das mittlere und höhere Leitungspersonal auf dem Proschwitzer Bocksberg anzusiedeln. Schon 1991 war die Kölner Firma Hausbau Invest GmbH & Co. KG mit der Planung und Ausführung des Vorhabens betraut worden. (11) Aber erst im Jahre 1994 kam es zu ersten Schritten der Baufreimachung. Dabei fehlte nicht viel und das Landschaftsschutzgebiet westlich des alten Mühlenquartiers wäre überbaut worden. Neben dem damaligen Leiter des Kreisumweltamtes Dr. Günter Naumann stellten sich vor allem Umweltverbände und die Stadträte der damaligen Bürgerbewegung für Meißen gegen das Unternehmen. Georg Prinz zur Lippe bewirkte mit Unterstützung eines Rechtsanwaltsbüros einen vorübergehenden Baustopp. Die nicht formgerechte öffentliche Beteiligung der Umweltverbände Nabu und BUND am Verfahren war passend dazu vom Regierungspräsidium Dresden beanstandet worden. Mit aller Kraft wurde das alte Brauereigelände am Meißner Jüdenberg als Ersatzstandort freigemacht und zur Zufriedenheit der meisten Beteiligten zügig mit der Schule der Bundesanstalt für Arbeit neu bebaut. Der Kölner Investor wurde großzügig abgefunden. So konnte eine gemeinsame Aktion engagierter Bürger den Bocksberg von einer das Landschaftsbild störenden Bebauung freihalten und Umweltfrevel verhindern. Georg Prinz zur Lippe hatte die Staatsregierung bis hinein in das Kabinett Biedenkopf mobilisiert. Sein privates Weingut „Prinz zur Lippe“ bekam das Privileg, sich neben der Winzergenossenschaft Meißen als Säule des Weinbaus im Elbtal zu etablieren.
Es bleibt abzuwarten, ob sich der Bauherr Prinz zur Lippe zu einem neuen Anlauf einer Bauentwicklung im Interesse des Dorfes Proschwitz entschließen wird. In diesem Fall wären von vornherein Rahmenbedingungen zu setzen hinsichtlich Nutzungsintensität, Verkehrsaufkommen, dazu notwendiger Verkehrsinfrastruktur, der kulturellen und landschaftlichen Schutzwürdigkeiten sowie des Dorfbildes in seinem historischen Kontext.
Ich glaube, dazu muss es kommen, wenn Proschwitz als Ganzes ein Projekt innerhalb der europäischen Leader-Förderung werden will und nicht allein technisch sondern organisch funktionieren soll. Sicher ist es deshalb notwendig, die Flächen des ehemaligen Wirtschaftshofes in die Entwurfsplanungen einzubeziehen. Ländliche Neuordnung ist heute kein einfacher Anspruch mehr, es ist eine Gemeinschaftsaufgabe, an der möglichst viele, vor allem unmittelbar Betroffene partizipieren sollten im Interesse des schon einmal dagewesenen Konzeptes der „ornamented farm“.
Dr. Ing. Helge Landmann
(1) Fröhlich/Petersen: Proschwitz – das Dorf – das Schloss – der Wein, S. 7-10
(2) Ebd. S. 17
(3) Ebd. S. 21
(4) Ebd. S. 23 aus dem Kaufvertrag
(5) Ebd. S. 35
(6) Ebd. S. 35-36
(7) Ebd. S. 36-37
(8) Ebd. S. 37
(9) Ebd.
(10) Ebd. S. 49
(11) Vorhaben- und Erschließungsplan Nr. 2 der Gemeinde Winkwitz Neubau Verwaltungsschule der Bundesanstalt für Arbeit Meissen/Proschwitz