Datiert auf den 8.6.2022 wurde von allen Fraktionen des Stadtrates inkl. des Oberbürgermeisters folgender offener Brief an den säschischen Landtag übermittelt:
Betreff: Erwerb des Kornhauses Meißen durch den Freistaat Sachsen
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
der Domplatz in Meißen gilt als Nukleus des heutigen Freistaates Sachsen. Historisch bedeutendste Bauwerke zeugen noch immer von der herausragenden Stellung des Ortes für die Entwicklung Sachsens. Dazu zählen in erster Linie die Albrechtsburg, der Dom, das Bischofsschloss, die Kurienhäuser sowie das Kornhaus. Letzteres wurde 1491 unter der Leitung des kursächsischen Landesbaumeister Arnold von Westfalen errichtete und gilt als eines der architektonisch wertvollsten Gebäude der Meißner Stadtgeschichte. Ursprünglich diente es als Stall- und Wirtschaftsgebäude des Hofes und war in seiner wechselvollen Geschichte unter anderem auch Teil der Produktionsstätte des ersten europäischen Hartporzellans – der Albrechtsburg. Reste der Produktionsanlagen finden sich noch heute im Kellergeschoss.
Bis zum Jahre 1945 blieb das Kornhaus baulich und funktionell als Einheit mit der Albrechtsburg verbunden. Mit der Umnutzung des Gebäudes zu Wohnzwecken gelangte es in den Besitz des VEB Gebäudewirtschaft Meißen und nach der politischen Wende in den der städtischen Wohnungsgesellschaft SEEG Meißen mbH. Aufgrund der damaligen Lage auf dem Wohnungsmarkt und des enormen Investitionsbedarfes, der die Leistungsfähigkeit des Unternehmens überstieg, bemühte man sich um einen Verkauf an den Freistaat. Dieser zog den Erwerb damals nicht in Erwägung, sondern unterstützte die Stadt Meißen stattdessen bei der Suche nach Investoren.
Die Wohnungsgesellschaft SEEG Meißen mbH verkaufte im Jahr 2005, in einer akut insolvenzgefährdeten Situation, schweren Herzens das Kornhaus an einen privaten Investor. Das Sächsische Staatsministerium für Finanzen unterstütze auch alle folgenden Genehmigungsverfahren unter Einbeziehung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern und der Landesdenkmalbehörde. Leider ist die ursprünglich verfolgte Investition nie zur Umsetzung gekommen, sodass das zum Burgensemble gehörende Gebäude noch immer einer Entwicklung harrt.
Im Hinblick auf das 1100-jährige Gründungsjubiläum Meißens im Jahre 2029 arbeitet die Stadt Meißen gemeinsam mit der Staatlichen Porzellan-Manufaktur Meissen GmbH, der Meissen Porzellan-Stiftung GmbH und der Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen gGmbH an der Bewerbung um den Titel als UNESCO-Welterbestätte. Da das Kornhaus Bestandteil der für den Antrag erarbeiteten Gebietsabgrenzung ist, haben die vier Partner sowie der Meißner Stadtrat den großen Wunsch, dass sich der Freistaat seiner historischen Wurzeln sowie der historischen Bedeutung des Gebäudeensembles an diesem Ort bewusst wird und das Kornhaus wieder in den Besitz der öffentlichen Hand überführt.
Der Stadtrat Meißen bittet die Staatsregierung und den Landtag des Freistaates Sachsen daher dringend, das „Kornhaus“ auf dem Burgberg Meißen zu erwerben. Bis in das 20. Jahrhundert hinein war es Teil der Albrechtsburg Meißen, die als der erste Schlossbau und eines der bekanntesten spätgotischen Architekturdenkmäler Deutschlands gilt. Das ehemalige Wirtschaftsgebäude der Burg darf nicht Spekulationsobjekt bleiben. Dies schadet dem Ansehen des Freistaates. Es ist geeignet, eine Landesausstellung im Rahmen des 2029 anstehenden Jubiläums „1100 Jahre Meißen“ aufzunehmen.
Nur mit Ihrer Hilfe kann es gelingen, das Kornhaus als wichtigen Bestandteil der Wiege Sachsens zu revitalisieren. Mit dessen Einbeziehung in die ständige Ausstellung der Albrechtsburg Meißen sowie in das künftige Weltkulturerbe würde die Reputation des Freistaates Sachsen erheblich gefördert.
Mit freundlichen Grüßen
Olaf Raschke
Martin Bahrmann, Fraktionsvorsitzender U.L.M./FDP/FB/CDU
Heiko Schulze, Fraktionsvorsitzender Bürger für Meißen/SPD
Thomas Kirste, Fraktionsvorsitzender AfD
Tilo Hellmann, Fraktionsvorsitzender Die Linke